Vier Tage war ich auf der Route der Industriekultur per Rad unterwegs. Es war wunderschön und hochinteressant, doch nun bin ich angefüllt mit Eindrücken und meine Sinne brauchen etwas Ruhe.
Ich beschließe den Ruhrtal-Radweg (230 km) zu fahren. Im oberen Verlauf ruhig und naturnah, bietet die zweiten Hälfte wieder „Ruhrgebiet-Attraktionen“.
Winterberg – Arnsberg (hist. Altstadt, Ü, 60 km) – Schwerte – Hagen (Ü, 65 km) – Witten (Zeche Nachtigall, Muttental) – Bochum – Hattingen (hist. Altstadt, Heinrichshütte, Ü, 40 km) – Essen (Villa Hügel) – Mühlheim (Wasserbahnhof, Ü) – Duisburg (65 km).
Länge: 230 km, 4 Tage, Start: Winterberg (Bahn), Ziel: Duisburg
Winterberg, Ruhrquelle

Die Anfahrt zum Ruhrtal-Radweg ist leicht zu organisieren. Ab Dortmund gibt es einen durchgehenden Zug bis Winterberg, wo die Tour startet. Ich steige in Schwerte zu
Arnsberg (nach 60 Km)
Der Weg zwischen Arnsberg und Hagen empfand ich als nicht besonders interessant, man fährt eben Rad. Mal durchs Grüne, viel aber auch auf Radwegen entlang der Straße und durch Ortschaften. Falls man per Zug einen Tag abkürzen möchte, ist das (nach meiner Einschätzung) die dafür geeignete Strecke.
Der Teil um Winterberg lohnt durch den Kontrast zum zentralen Ruhrgebiet, es ist hügelig und naturnah. Ab Hagen fährt man auf schönen Radwegen entlang der Ruhrauen und Seen in gepflegten Naherholungs- gebieten der Ballungszentren. Und es liegen interessante Besichtigungsmöglichkeiten am Wege.
Hagen (nach 120 km)
Der Ruhrtalradweg wird wieder richtig schön ab der Seenlandschaft bei Hagen. Man fährt durch das Naherholungsgebiet entlang des Hengstey- und des Harkotsees. Man ist hier mittendrin im Ballungsgebiet. Wohl gerade deshalb sind die Ruhrauen hier bestens gepflegt als Naherholungsgebiet, und der Radweg ist ein Teil davon.
Witten (nach 140 km)
In Witten treten die Kohleschichten bis an die Erdoberfläche, weshalb hier der erste Kohleabbau oberirdisch stattfinden konnte. Der Ruhrbergbau begann in Witten und im Muttental.
Zeche Nachtigall, Witten

Im Industriemuseum ZECHE NACHTIGALL kann man in einen Besucherstollen einfahren, und erlebt dabei die Arbeitsbedingungen in einer Steinkohlegrube von 1839

Im Maschinenhaus befindet sich eine der ältesten funktionsfähigen Fördermaschinen des Ruhrreviers (1887)

Im Museum werden die Arbeitsbedingungen der Bergleute gezeigt: Wenn der Bergmann in die Grube fährt, weiß er nicht, ob heil er wiederkehrt… heißt es in einem Bergmannslied

Mit solchen Schiffen wurde die Kohle abtransportiert, oft über lange Strecken von Pferden auf dem Treidelpfad gezogen

Neben der Zeche gab es eine Ziegelei. Ziegel waren enorm nachgefragt, weil in Hochkonjunkturzeiten viel gebaut wurde

Im Muttental steht das Bethaus der Bergleute. Hier versammelten sie sich vor der Schicht zum Gebet. Ich mache Kaffeepause an diesem stillen Ort
Hattingen (nach 140 km)

und der imposanten Heinrichshütte. Von 1855-1987 brannten die Hochöfen, heute befindet sich hier ein Industriemuseum
In den Jahren des Aufschwungs, um 1959, arbeiteten 10.000 Menschen auf der Heinrichshütte. Nach der Stilllegung 1987 wurde der Hochofen 2 verkauft, demontiert und nach China transportiert.

Besucher können den Hochofen 3 besteigen und auf dem „Weg des Eisens“ Einblicke gewinnen in den Betrieb einer Eisenhütte

Der Ruhrtalradweg bleibt im weiteren Verlauf interessant und schön zu befahren. Im Bereich um Hattingen treffe ich mehrfach auf Kanufahrer
Baldeney-See, Essen

Ein besonders schönes Naherholungsgebiet befindet sich rund um den Baldeney-See. Der Radweg führt direkt am See entlang
Villa Hügel, Essen

Auch Alfred Krupp gefiel die Lage am See. 1873 ließ er das repräsentative Wohnhaus der Familie nach eigenen Plänen hier errichten

Das große Haus (links) wird heute für Kunst-Ausstellungen genutzt. Im kleinen Haus (rechts) gibt es eine interessante Ausstellung zur Industriellenfamilie Krupp und über das Unternehmen
Die Ausstellung informiert über 5 Generationen Krupp, und den Übergang des Krupp-Erbes in eine gemeinnützige Stiftung (1968). Für mich eine Perle am Ruhrtalweg, wo ich mich lange aufgehalte.
Mühlheim (nach 210 km)

Beim Mühlheimer Wasserbahnhof starten die Ausflugsschiffe der weißen Flotte und fahren bis Essen-Kettwig
Duisburg, Ruhrmündung (nach 230 km)
Vor 9 Tagen hat hier in Duisburg meine Reise begonnen. Es war eine ungewöhnliche und äußerst interessante Radtour. Auf grünen Wegen zu Industrie-Denkmälern. Sehr zu empfehlen!