Seit seiner Gründung gibt es Juden in Prag. Als tüchtige Händler kamen sie oft zu Vermögen, was Neid erweckte, und die Juden wurden Opfer von Progromen. Viele Berufe waren den Juden verboten, weshalb sie in den tolerierten Sparten erfolgreich waren: Handel und Geldverleih. Die Josefsstadt nahe der Altstadt war das Ghetto der Juden, sie durften lange Zeit nirgendwo anders wohnen. Heute begebe ich mich mit dem Jüdischen Museum auf Spurensuche nach der wechselhaften Geschichte der Prager Juden.
Rudolfinum (gehört noch nicht zum Jüdischen Viertel)
Jan Palach-Denkmal
Die Skulpturengruppe beim Rudolfinum, unweit der Philologischen Fakultät, ist ihrem Studenten Jan Palach gewidmet, der sich am 16. Januar 1969 aus Protest gegen die sowjetische Besatzung verbrannte. Das Skulpturenpaar ist ein Kunstwerk des amerikanischen Bildhauers und Architekten tschechischen Ursprungs John Hejduk. „Das Haus des Sohnes“, mit heller Farbe, repräsentiert Jan Palach selbst. „Das Haus der Mutter“ ist dunkler, als ob es rostig wäre, und verweist auf Palachs verzweifelte Mutter. Eine Gedenktafel mit dem Gedicht „Das Begräbnis des Jan Palach“ des amerikanischen Schriftstellers David Shapiro ergänzt die Installation mit den symbolischen Flammen.
Prag´s Jüdisches Viertel
erlebte große Veränderungen im Laufe der Jahrhundete. Im 13. Jh. wurden die Juden gezwungen, in ein genau abgegrenztes Areal am rechten Moldau-Ufer zu ziehen, das Ghetto, die spätere Josefsstadt. Das Viertel wuchs schnell, die Bewohner wurden allerdings immer wieder Opfer von Progromen.
1848 erlangten die Prager Juden Bürgerrechte und durften auch ausserhalb der Josephsstadt wohnen. Die reiche Bevölkerung zog weg, und das Ghetto zerfiel zusehends. Ende des 19.Jhs. entstand nach einer radikalen Sanierung eine moderne Stadt á la Paris. Alte Häuser wurden abgerissen und durch prunkvolle Jugendstil-Häuser ersetzt (Pariser Straße). Von der alten Josefsstadt überstanden nur wenige Bauten diese „Sanierung“: Der Alte Friedhof, das Rathaus und 6 Synagogen.
Im 2.Weltkrieg wurde das jüdische Sozialgefüge von der deutschen Besatzung vollkommen zerstört, die meisten Juden ermordet. Einzig die Bauwerke blieben verschont, weil die Nationalsozialisten in Prag ein „Museum der ausgestorbenen Rasse“ einrichten wollten.
1950 kam das sogenannte Jüdische Museum unter staatliche Verwaltung. Erst seit der Wende kann die jüdische Gemeinde wieder selbst über ihr Erbe verfügen. Die Ausstellungen des Museums verteilen sich über mehrere historische Gebäude in der Josefsstadt, darunter die wichtigsten Synagogen.
Die Altneu-Synagoge (1275) ist die älteste Synagoge Europas. Hier war der tönerne Golem des Rabbi Löw zu Hause. Der Sage nach liegen seine lehmigen Reste auf dem Dachboden.
Vor dem 2. Weltkrieg lebten auf dem Gebiet der heutigen Tschechei 120 000 Juden. Einigen gelang es zu fliehen, 80 000 Juden wurden während des 2. Weltkrieges ermordet.
Jüdische Gräber werden nicht „aufgehoben“. Deshalb musste für neue Gräber Erde aufgeschüttet werden, und die Toten liegen bis zu 9 Schichten übereinander. Kafkas Grab findet man hier nicht, er liegt auf dem Neuen Jüdischen Friedhof.
Das Jüdischen Viertel, die Josefsstadt, grenzt an die Altstadt. Es sind nur ein paar Geh-Minuten bis zum Rathaus. Nach dem intensiven Eintauchen in die Geschichte der Prager Juden, möchte ich heute abend nichts mehr unternehmen, sondern spaziere zurück zu meinem Hostel in Florence.