Auf derm Rückweg von Hamburg fahre ich einen kleinen Umweg, um mir Erfurt anzuschauen. Der Abstecher lohnt sich: Die thüringische Landeshauptstadt präsentiert sich als städtebauliches Kleinod mit einer mittelalterlichen Altstadt, vielen Kirchen, Türmen und Kanälen. Eindrucksvoll ist das Ensemble von Dom und Severikirche am riesigen Domplatz, daneben erhebt sich die ehemalige Zitadelle Petersberg mit Spazierwegen im Grünen.

 

Erfurt überstand den 2. Weltkrieg mit nur 5% Zerstörung. Seit 1989 wird die Altstadt aufwändig restauriert.

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Im Mittelalter nannte man Erfurt das „thüringische Rom“ wegen seinen vielen Kirchen. Neben den Kirchtürmen prägen auch die Wasserarme der Gera das Altstadtbild

Erfurt litt immer wieder unter Hochwasser, bis der damalige Oberbürgermeister Dr. Richard Breslau 1898 einen kühnen Plan zum Hochwasserschutz durchsetzte: Der nicht mehr benötigte Festungsgraben wurde zum Flutgraben ausgebaut und im Gegenzug die Wilde Gera im Altstadtbereich zugeschüttet. Seither trat keine Überschwemmung im Stadtbereich mehr auf.

Rathaus und Fischmarkt

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Auf dem Fischmarkt, gelegen zwischen Anger und Domplatz, befindet sich das Erfurter Rathaus von 1870

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Die Neugestaltung des Fischmarktes wurde mit dem Deutschen Städtebaupreises 2014 ausgezeichnet

Krämer-Brücke

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Erfurts Wahrzeichen ist die Krämerbrücke, die längste mit Häusern bebaute und bewohnte Brücke Europas

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An beiden Brückenköpfen der Krämerbrücke stand eine Kirche, die Ägidienkirche ist noch erhalten

Durch den Torbogen unter dem Kirchenschiff gelangt man von der Brücke auf den Wenigemarkt. Auf diesem Marktplatz trafen sich fränkische und slavische Kaufleute für ihre Handelsgeschäfte.

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In der anschließenden Futtergasse brachten die reisenden Kaufleute ihre Pferde unter, die von „Futterern“ versorgt wurden. Das war ein einträgliches Geschäft, wie die prächtigen Häuser bezeugen

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Einst wurden auf der Krämerbrücke nur Luxusartikel wie Gewürze, Arzneien, Färbemittel, Edelmetalle, Seide und Papier gehandelt. Heute wacht die Krämer-Stiftung über das Warensortiment an diesem historischen Ort

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Am westliche Zugang zur Krämerbrücke liegt der Benediktplatz mit der Touristen-Information, hier beginnen die Stadtrundgänge. Eben werden die Absperrungen für den Nachtmarathon aufgebaut

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Im schön renovierten ehemaligen Universitäts-Hospital betreibt Augustinerbräu eine Gastätte mit Biergarten

Universität

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Das Kielbogenportal des 1945 zerstörten Collegium maius erinnert an die glanzvollen Zeiten der Erfurter Universität. 1392 eröffnet, wurde sie schnell zur meistbesuchten in Mitteleuropa. Der berümteste Student war Martin Luther. 1816 wurde die Universität geschlossen. Eine Neugründung erfolgte 1994.

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In Erfurts Alter Universtät konnte man alle 4 Fakultäten studieren: Theologie, Jura, Medizin, Philosophie

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Das Bierbrauen hat eine lange Tradition in Erfurt, es gab eine Vielzahl von Brauereien. Ein Büschel in dem Loch an der Tür zeigte an, dass frisches Bier gebraut war.
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Das Waidhändler-Anwesen von 1561 wurde zum Kulturhof Krönbacken umgestaltet

Aus der Waid-Pflanze wurde in einem aufwendigen, stinkenden Gärungsprozess blaue Pflanzenfarbe hergestellt. Die Waidhändler kauften die getrockneten Waid-Pflanzen von den Bauern, lagerten die Waid-Ballen in Waid-Spaichern und veranlassten die Weiterverarbeitung.

Alte Synagoge

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Die „Alte Synagoge“ aus dem 11. Jh. wurde erst in den 90er Jahren wiederentdeckt

Sie gilt als die älteste vollständig erhaltene Synagoge Europas. Hier wird der „Erfurter Schatz“ ausgestellt, ein umfangreicher Gold- und Silberschatz aus dem 14. Jh. Bei der Flucht vor einem Progrom hatten die Besitzer den Schatz in einem Keller vergraben. Wertvollster Fund ist ein jüdischer Hochzeitsring.

Waagegasse und Adam Riese

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Jeder Händler musste mit seinen Waren zu den Großen Waagen in der Waagegasse, um entsprechend des Gewichts Zoll zu bezahlen

Die Waagegasse ist eine der  ältesten Straßen von Erfurt, Teil der Via Regia. In den stattlichen Spaicherhäusern lagerten die Händler ihre Waren gegen Gebühr ein.

 

Nicht weit davon entfernt, wurde 1518  das erste Rechenbuch von Adam Ries gedruckt, der als Waagemeister hier arbeitete und eine Rechenschule leitete. 1522 erschien sein zweites Rechenbuch, das 200 Jahre lang Pflichtlektüre an deutschen Schulen wurde. Man rechnete  „nach Adam Riese“.

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Die Engelsburg, Kultur- und Freizeittreff der Studenten

Allerheiligenkirche

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Der unregelmäßige Grundriss der Kirche passt sich der Straßengabelung genau an

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Wegen ausbleibenden Gottesdienstbesuchern wird ein abgetrennter Teil des Kirchenschiffs nun anders genutzt: Im Kolumbarium werden Urnen von Christen und Nichtchristen beigesetzt

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Das schmalste Haus der Stadt

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Das „Haus zum Sonnenborn“ von 1536 ist heute Hochzeitshaus und Standesamt

Ein großes Problem in Erfurt sind Farb-Sprühereien. Liebevoll renovierte Häuser werden des nächtens bemalt, zum Leidwesen von Besitzern und Passanten.

Domplatz mit Dom und Severikirche

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Aufwändig renovierte Häuserzeile am Domplatz

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Mariendom und St. Severi auf dem Domhügel bilden die imposante Kulisse für das DomStufen-Festival

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Sonntagmorgen-Stimmung am Domplatz

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Auf dem großen Domplatz finden regelmäßig Veranstaltungen statt. Gestern war XAVIER NAIDOO hier

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Vor dem Dom gibt es einen schönen Biergarten. Doch dafür ist es heute zu kalt

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Die Läufer für den Nachtmarathon sind auf dem Weg zum Startpunkt auf dem Petersberg

Die Zitdelle Petersberg war eine der größten Festungsanlagen Europas. Doch die Kanonen dienten weniger der Verteidigung, sondern waren auf die Stadt gerichtet. Erfurt war eine reiche Handelsstadt und die Obrigkeit duldete keine Selbständigkeits-Bestrebung.

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Vom Petersberg hat man einen schönen Blick auf den Domplatz

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und die Allerheiligenkirche

Theater Erfurt

Theater

Seit 2003 hat Erfurt einen Theaterneubau, eine der modernsten Spielstätten Europas

Fast jeden Abend gibt es Oper, Operette, Konzerte, Tanztheater, Schauspiel im Großen Saal mit 800 Plätzen und in der Studiobühne mit 200 Plätzen.

Der Anger

war ehemals Gemeindeweide, dann Haupthandelsplatz für Wolle, Weizen, Waid und Wein und ist heute die Hauptgeschäftsstraße Erfurts.

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Die Einkaufsgalerie Anger 1 beeindruckt mit einer edlen Jugendstilfassade

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Vor der Kaufmannskirche auf dem Anger erinnert das Luther-Denkmal an Luthers Zeit in Erfurt (1501-1511)

Martin Luther begann 1501 das Jurastudium; auf Wunsch seines Vaters, der im Betrieb einen Juristen hätte brauchen können. Erfurt ist seit 1392 die fünfte deutsche Uni (nach Prag, Wien, Heidelberg und Köln).

 

1504 durchlebt der Student eine Krise, weil einige seiner Kollegen und Professoren unvermittelt an der Pest sterben. Er beschäftigt sich theologisch mit der heiligen Anna, der Schutzpatronin gegen einen frühen Tod. Als er bei einer Reise in ein schweres Gewitter gerät, ruft er in seiner Angst die Hl. Anna zur Hilfe.

 

Es kommt zu dem bekannten Schwur, Mönch werden zu wollen. Am 16. Juli 1505 feiert er ein letztes Mal mit seinen Freunden und tritt am 17. Juli in das Erfurter Kloster der Augustiner-Eremiten ein.

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Das Hauptpostamt von 1882 mit neugotischer Fassade aus Sandstein, Klinkern und Terrakotta

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Alle Straßenbahnlinien fahren den Anger an

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Erfurt ist eine bildschöne Stadt mit viel Lebensqualität. Sehr lohnend für einen Kurzbesuch

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