Auf derm Rückweg von Hamburg fahre ich einen kleinen Umweg, um mir Erfurt anzuschauen. Der Abstecher lohnt sich: Die thüringische Landeshauptstadt präsentiert sich als städtebauliches Kleinod mit einer mittelalterlichen Altstadt, vielen Kirchen, Türmen und Kanälen. Eindrucksvoll ist das Ensemble von Dom und Severikirche am riesigen Domplatz, daneben erhebt sich die ehemalige Zitadelle Petersberg mit Spazierwegen im Grünen.
Erfurt überstand den 2. Weltkrieg mit nur 5% Zerstörung. Seit 1989 wird die Altstadt aufwändig restauriert.
Erfurt litt immer wieder unter Hochwasser, bis der damalige Oberbürgermeister Dr. Richard Breslau 1898 einen kühnen Plan zum Hochwasserschutz durchsetzte: Der nicht mehr benötigte Festungsgraben wurde zum Flutgraben ausgebaut und im Gegenzug die Wilde Gera im Altstadtbereich zugeschüttet. Seither trat keine Überschwemmung im Stadtbereich mehr auf.
Rathaus und Fischmarkt
Krämer-Brücke
Durch den Torbogen unter dem Kirchenschiff gelangt man von der Brücke auf den Wenigemarkt. Auf diesem Marktplatz trafen sich fränkische und slavische Kaufleute für ihre Handelsgeschäfte.
Universität
Das Kielbogenportal des 1945 zerstörten Collegium maius erinnert an die glanzvollen Zeiten der Erfurter Universität. 1392 eröffnet, wurde sie schnell zur meistbesuchten in Mitteleuropa. Der berümteste Student war Martin Luther. 1816 wurde die Universität geschlossen. Eine Neugründung erfolgte 1994.
- Das Bierbrauen hat eine lange Tradition in Erfurt, es gab eine Vielzahl von Brauereien. Ein Büschel in dem Loch an der Tür zeigte an, dass frisches Bier gebraut war.
Aus der Waid-Pflanze wurde in einem aufwendigen, stinkenden Gärungsprozess blaue Pflanzenfarbe hergestellt. Die Waidhändler kauften die getrockneten Waid-Pflanzen von den Bauern, lagerten die Waid-Ballen in Waid-Spaichern und veranlassten die Weiterverarbeitung.
Alte Synagoge
Sie gilt als die älteste vollständig erhaltene Synagoge Europas. Hier wird der „Erfurter Schatz“ ausgestellt, ein umfangreicher Gold- und Silberschatz aus dem 14. Jh. Bei der Flucht vor einem Progrom hatten die Besitzer den Schatz in einem Keller vergraben. Wertvollster Fund ist ein jüdischer Hochzeitsring.
Waagegasse und Adam Riese
Die Waagegasse ist eine der ältesten Straßen von Erfurt, Teil der Via Regia. In den stattlichen Spaicherhäusern lagerten die Händler ihre Waren gegen Gebühr ein.
Nicht weit davon entfernt, wurde 1518 das erste Rechenbuch von Adam Ries gedruckt, der als Waagemeister hier arbeitete und eine Rechenschule leitete. 1522 erschien sein zweites Rechenbuch, das 200 Jahre lang Pflichtlektüre an deutschen Schulen wurde. Man rechnete „nach Adam Riese“.
Allerheiligenkirche
Ein großes Problem in Erfurt sind Farb-Sprühereien. Liebevoll renovierte Häuser werden des nächtens bemalt, zum Leidwesen von Besitzern und Passanten.
Domplatz mit Dom und Severikirche
Die Zitdelle Petersberg war eine der größten Festungsanlagen Europas. Doch die Kanonen dienten weniger der Verteidigung, sondern waren auf die Stadt gerichtet. Erfurt war eine reiche Handelsstadt und die Obrigkeit duldete keine Selbständigkeits-Bestrebung.
Theater Erfurt
Fast jeden Abend gibt es Oper, Operette, Konzerte, Tanztheater, Schauspiel im Großen Saal mit 800 Plätzen und in der Studiobühne mit 200 Plätzen.
Der Anger
war ehemals Gemeindeweide, dann Haupthandelsplatz für Wolle, Weizen, Waid und Wein und ist heute die Hauptgeschäftsstraße Erfurts.
Martin Luther begann 1501 das Jurastudium; auf Wunsch seines Vaters, der im Betrieb einen Juristen hätte brauchen können. Erfurt ist seit 1392 die fünfte deutsche Uni (nach Prag, Wien, Heidelberg und Köln).
1504 durchlebt der Student eine Krise, weil einige seiner Kollegen und Professoren unvermittelt an der Pest sterben. Er beschäftigt sich theologisch mit der heiligen Anna, der Schutzpatronin gegen einen frühen Tod. Als er bei einer Reise in ein schweres Gewitter gerät, ruft er in seiner Angst die Hl. Anna zur Hilfe.
Es kommt zu dem bekannten Schwur, Mönch werden zu wollen. Am 16. Juli 1505 feiert er ein letztes Mal mit seinen Freunden und tritt am 17. Juli in das Erfurter Kloster der Augustiner-Eremiten ein.